Im Gespräch
Mehr Zeit für die Nachbetreuung
2021 gewann das Restaurant „Zum Tell“ den Basler Sozialpreis für die Wirtschaft. Ein Jahr später erzählt Andreas Cavegn, Gastgeber des traditionellen Speiselokals beim Spalentor, im Kurzinterview von den Reaktionen auf den Preis und die Erfahrungen damit, aber auch, was er und sein Team hinsichtlich Betreuung von Menschen mit Leistungseinschränkungen ändern würden.
Wie waren die Reaktionen Ihres Personals auf den Basler Sozialpreis 2021?
Die Reaktionen waren durchwegs positiv, das Team wurde miteinbezogen und leistete aktiv seinen Beitrag zu diesem Sozialpreis dazu. Das Team wurde laufend über die Kandidierenden und deren Leistungseinschränkungen aufgeklärt und informiert, selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Die Meetings fanden immer in Anwesenheit der Kandierenden statt. Die Mitarbeitenden haben sich gefreut, waren auch stolz auf den Preis. Sie haben die Berichte in den Medien dazu mitverfolgt und sich auch gefreut, wenn sie von den Gästen darauf angesprochen wurden. Alle Mitarbeitenden haben auch einen Teil des Preisgeldes bekommen.
Und wie reagierten die (Stamm-)Gäste darauf, dass das Restaurant Zum Tell den Basler Sozialpreis 2021 gewonnen hatte?
Die Gäste, vor allem die Stammgäste, waren sehr überrascht; wir hatten es ja nicht an die grosse Glocke gehängt. Die Gäste können die Auszeichnungsurkunde auch sehen, wir haben sie im Gang neben der Küche aufgehängt.
Wie oft sind Sie von Menschen mit Leistungseinschränkungen oder von Organisationen, die sich um solche Menschen kümmern, auf den Gewinn des Basler Sozialpreises 2021 angesprochen worden?
Ich habe es nicht gezählt, wie oft wir von Personen darauf angesprochen wurden. Aber einige Stiftungen, mit denen ich in Kontakt bin, haben gratuliert. Ich beschäftige schon seit Jahrzehnten, auch bei meinen früheren Arbeitsplätzen, immer wieder Menschen mit Leistungseinschränkungen, und dadurch habe ich auch Kontakt mit der IV-Stelle oder mit dem Amt für Berufsbildung. Auch sie haben uns auf den Sozialpreis angesprochen.
Was würden Sie heute in Bezug auf den Umgang mit leistungseingeschränkten Menschen in Ihrem Arbeitsumfeld ändern, was würden sie so belassen, wie es ist?
Wenn die Arbeit, die Ausbildung oder das Praktikum abgeschlossen sind, dann braucht es für Menschen mit Leistungseinschränkung eine Nachbetreuung. Dafür würde ich mehr Zeit aufbringen. Es braucht überhaupt Zeit, um Mitarbeitende mit Leistungseinschränkungen zu betreuen, zu diesem Mehraufwand muss man bereit sein. Und das Team muss dahinterstehen, Menschen mit Leistungseinschränkungen im Team zu haben. Das geht aber nur, wenn das Unternehmen gesund ist. Sobald finanzielle Sorgen dazu kommen, wenn widrige Umstände dazu kommen, dann wird es schwer. Eine Entschleunigung fand während der Pandemie statt. Während des Lockdowns war es für uns wichtig, keine Stellen zu kündigen und unserem Team weiterhin eine Arbeitsstruktur zu garantieren. Nach nur drei Tagen Lockdown haben wir Take-away mit Heimlieferung aufgebaut. Das Team konnte weiter beschäftigt werden.