Im Gespräch

Das Erfolgsrezept

des Sozialpreisträgers Anton Gjergjai: «Ich strebe nicht nach Perfektion»

Die von Anton Gjergjaj geführte Spar-Filiale an der Birsstrasse im Lehenmatt gewinnt den Basler Sozialpreis für die Wirtschaft 2022 – ein Porträt.

Manchen Sportinteressierten ist der Name Gjergjaj bereits bekannt – zumindest jener von Arnold Gjergjaj. Denn er wurde 2014 Box-Europameister im Schwergewicht der European Boxing Union. Nun hat sein Bruder Anton Gjergjai ebenfalls einen beachtlichen Erfolg errungen. Nicht im Kampfsport zwar, aber in einer Disziplin, die zu selten im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit steht: Die von ihm geführte Spar-Filiale an der Birsstrasse im Basler Lehenmatt-Quartier hat den Basler Sozialpreis für die Wirtschaft 2022 gewonnen.

 

Diese Auszeichnung ist der Lohn für Anton Gjergjais Engagement für leistungseingeschränkte Menschen. In seiner Spar-Filiale beschäftigt er zwei Mitarbeitende mit Leistungseinschränkungen. Im Protokoll der Steuergruppe (bestehend aus den Jury-Mitgliedern des Basler Sozialpreises, welche die einzelnen Kandidierenden jeweils besuchen) heisst es wörtlich: «Anton Gjergjai ist Gleichberechtigung unter den Mitarbeitenden wichtig, alle dürfen sich zu allem äussern. Konflikte unter Mitarbeitenden werden aktiv mit ihm angegangen und geregelt. Alle Mitarbeitende dürfen sich aussprechen. Die Kolleginnen und Kollegen der beeinträchtigten Mitarbeiterin werden informiert, sensibilisiert, unterstützt und begleitet.»

 

Anton Gjergjajs soziales Engagement kommt sicher auch daher, dass er selber immer wieder vor existentiellen Herausforderungen stand. Als 17-Jähriger Flüchtling kam er in die Schweiz zu seinem Vater. Wegen des damaligen Kriegs auf dem Balkan konnte er nicht studieren. Ohne Ausbildung, sah er die Selbständigkeit immer als Chance. Sein Konzept dabei: «Ich bin erfolgreich, weil ich nicht nach Perfektion strebe.» Es lohnte sich: 2019 wurde sein Laden als Spar-Filiale des Jahres in der Schweiz ausgezeichnet.

 

Zu diesem Zeitpunkt hatte Anton Gjergjaj bereits seine Geschäftsform geändert. Im Franchisingkonzept von Spar hatte er den Laden ursprünglich als GmbH geführt – das war nach einem Bundesgerichtsurteil von 2014 nicht mehr möglich. Ab 1. Januar 2016 dürfen Familienläden, wenn sie an Sonn- und Feiertagen Familienmitglieder beschäftigen, nur als Kollektiv­gesellschaft aufgestellt sein. Oder eine Einzelperson zeichnet verantwortlich.

 

Die Spar-Filiale an der Birsstrasse leistet auch viel für den sozialen Zusammenhalt im Quartier: Der Laden hat viele Stammkunden, bietet zudem Hauslieferungen für betagte Menschen im Quartier an (einst kostenlos, mittlerweile für ein kleines Endgeld). Waren regionaler Produzenten befinden sich im Sortiment und über Mittag bietet Anton Gjergjaj auch kleine warme Mahlzeiten an. Dazu engagiert er sich im Vorstand der IG Familienbetriebe und er unterstützt das Projekt «too good to go» (in seinem Laden entsteht praktisch kein Abfall). Zudem ist die Spar-Filiale seit 2020 beim Verein Impulse Basel mit dem Label «iPunkt» zertifiziert. Denn, so Anton Gjergjai: «Wir möchten damit unseren Kundinnen und Kunden transparent machen, dass sie mit ihrem Einkauf auch die Chancengerechtigkeit von Menschen mit Behinderungen unterstützen.»